März 2018

Der Ghostwriter von Cecilia Ahern

Erscheinungsjahr: 2014, Krüger Fischer Verlag
Kategorie: Novelle, die so einige Diskurse eröffnet – Krimi, Mystery, Drama

 

Wenn man Cecilia Ahern hört, denkt man oft erstmal an Schnulzen – Bücher voller Liebe und Herzschmerz. Was vielleicht daran liegt, dass sie mir ihren Liebesromanen berühmt geworden ist und viele Werke von ihr auch wirklich durchaus etwas schnulzig sind. „PS, ich liebe dich“ und „Für immer vielleicht“ sind wohl ihre bekanntesten Werke, was wohl auch daher kommt, dass diese verfilmt wurden. Ahern schreibt aber auch andere Geschichten, z. B. mit mystischen Touch, wie „Ich schreibe dir morgen wieder“.

Wenn ich das so aufliste, merke ich, dass ich doch schon ein paar Bücher von ihr gelesen habe. Ich schätze ihren leichten Stil. Ahern Bücher sind selten schwer zu verstehen und können locker nach einem anstrengenden Arbeitstag zur Entspannung gelesen werden. Da verzeiht man auch manche kleine Ungereimtheit in der Geschichte, die sich nur mit guten Willen so akzeptieren lässt, so war es zumindest in „Ich schreibe dir morgen wieder“. Man möchte dann einfach zu gerne wissen, wie es ausgeht.

Ihre Novelle „Der Ghostwriter“ ist das beste Buch, das ich bisher von ihr gelesen habe. Hier ist die Geschichte stimmig, wahrscheinlich auch dadurch, dass sie ziemlich viel offen lässt; was einen innerlich aber doch manchmal verzweifeln lässt, weil man doch so gerne die Antwort kennen möchte. Gerade solche Emotionen beim Lesen sind jedoch Dinge, die Bücher lesenswert machen.

Inhalt

In Der Ghostwriter geht es um den Multimillionär Herman Banks, der sich seinen Wunsch erfüllen möchte, ein eigenes Buch zu schreiben. Dafür kauft er das Anwesen seines toten Lieblingsautors Gregory Banks in Südengland und lebt dort mit seiner Frau in vollkommener Abgeschiedenheit. Seinen großen Plan Autor zu werden kann er aber nicht ganz so umsetzen, wie er gerne möchte, denn er hat eine Schreibblockade. Eines Abends nach einem Streit mit seiner Frau, sprudelt er jedoch über von Ideen und als er aufwacht, liegt auf seinem Schreibtisch das erste Kapitel seines Buches. Blöd ist nur, dass es zwar seine Geschichte ist, aber diese nicht von ihm geschrieben wurde. Verwunderlich ist ebenfalls, dass das Kapitel zwar wie von Zauberhand erscheint, aber dafür auch die Uhr, die ihm seine Frau geschenkt hat, verschwunden ist. So geht es dann Abend für Abend weiter. Morgens liegt ein weiteres Kapitel auf dem Schreibtisch und dafür verschwinden Gegenstände aus dem Haus. Was dann letztendlich auch ziemlich gefährlich für Banks und seine Frau wird.

Charaktere

Auch wenn das alleine schon einen guten Anreiz bietet die Geschichte zu lesen, gibt es noch weitere spannende Handlungsstränge. Man muss die Geschichte in Zusammenhang mit der Ehe der Banks sehen. Hermann steckt in einem Buchwahnsinn und ist süchtig nach jedem neuen Kapitel. Wie süchtig wird auch durch Nebenerzählungen deutlich, in der Hermann seine Familie und seine Firma vernachlässigt bis nichts mehr zu retten ist. Seine Frau Amber hat Angst vor dem Haus, aber bleibt, weil sie ihren Mann zu sehr liebt, um ihn zu verlassen. Hermann ist ein Workoholic, der immer so sehr beschäftigt ist, dass sie sich mit einer Affäre tröstete. Sie hat dies jedoch bereut, beendet, ihm gestanden und bestraft sich nun selbst jeden Tag. Jede, auch unfaire, Stichelei von ihrem Mann erträgt sie, in der Hoffnung, ihre Ehe retten zu können. Ahern gibt gelungene und präzise Einblicke in die Psyche beider Charaktere, so dass deutlich wird, dass es hier keinen Guten und Bösen gibt, sondern immer zwei fürs Scheitern oder Nicht-Scheitern einer Ehe verantwortlich sind.

Besonderheit

Wobei wir auch bei dem Part des Buches sind, den ich besonders gelungen und interessant finde. Der Ghostwriter hat eine besondere Intertextualität. Die Novelle ist so aufgebaut, dass der Leser Abschnitte liest, die das Leben der Banks beschreiben und weitere Abschnitte des Buches, das der Ghostwriter für Herman schreibt – also quasi ein Buch im Buch. Die Geschichten ähneln sich nicht, aber haben faszinierende Parallelen. Und gerade das macht das Buch so interessant zu lesen. Es ist spannend wie zwei unterschiedliche Geschichten doch ähnlich sein können und miteinander verbunden, eine neue Aussage ergeben.

Abschließen möchte ich gerne mit zwei Textstellen aus dem Buch, die Inhalt und Stil von Der Ghostwriter besonders verdeutlichen – ein Kommentar im Buch über das fiktive Buch, das in der Story geschrieben wird, der aber auch Aherns Aussage sein könnte über das Buch, das sie geschrieben hat:

„ Einen Moment musste Herman überlegen. Das war eine bedeutende Frage. Bedeutender, als seine Frau ahnen konnte. Worum ging es in seinem Roman? Es ging um viele Dinge – um Liebe, Verlust, gesellschaftliche Wahrnehmung, um die Zerbrechlichkeit der Liebe, die Kraft des menschlichen Geistes, um alles, worum es auch in Hermans Lieblingsromanen ging.“ (Ahern, Der Ghostwriter, Krüger, 2014,  S. 35)

„… denn er wollte zwar einen Protagonisten erschaffen, der sich eine Gewalttat zuschulden kommen ließ, dafür bestraft wurde und Bilanz über sein Leben ziehen musste, aber gleichzeitig legte er Wert darauf, dass er als Autor und auch seine zukünftigen Leser Mitgefühl für ihn aufbringen und das Verbrechen nachempfinden konnten. Letztendlich wollte er sie sogar dazu anregen, sich zu überlegen, ob sie womöglich selbst zu so etwas fähig wären. Edwin musste menschlich dargestellt werden, nicht als Monster, auch wenn sein Verhalten als solches verabscheuungswürdig war.“ (Ahern, Der Ghostwriter, Krüger, 2014, S. 51)